Keinen klaren Gedan …

„Was? Äh… Vergessen!? Ach ne, klar, jetzt komme ich wieder drauf. Warte mal, das muss ich vorher noch schnell erledigen. Hups, wo kommt denn das jetzt her? Das räum‘ ich aber schnell vorher noch weg. Weswegen war ich jetzt noch mal in dem Zimmer?“

Wer sich fragt, was das für unzusammenhängende Sätze sind. Willkommen in meinem Kopf und in meinen Selbstgesprächen. Und in meinem Mami-Alltag.

Ich habe ja mal gelesen, dass das gesund sein soll. Also Selbstgespräche zu führen. Ich mache es seit ich Mama bin in unbeschreiblichem Ausmaß. Nicht, weil ich, wie schon einmal geschrieben, niemanden für meine großen und kleinen Probleme zum aussprechen habe. Nein. Ich mache es ganz einfach, weil ich mir so das Gefühl gebe am Ball zu bleiben. Denn schon auf dem Weg von der Küche ins Bad kann ich unter Umständen vergessen, was ich eigentlich am Zielort wollte. Und wenn ich es nicht von mir aus vergesse, dann weil mich jemand auf meinem Weg ablenkt. Und ich möchte hier betonen, wir leben nicht in einer 2000 Quadratmeter Villa. Auch ziehen sich unsere Flure, eigentlich nur einer, nicht wie in einem Horrorfilm der 70er Jahre ständig in die Länge. Nein. Meinem Kopf oder eben meinen Kindern reichen schon 7 Schritte, um Muddi vollkommen aus dem Takt zu bringen.

Outfit ohne Worte. Kann schon mal passieren.

Mein Großer kann jetzt das Alphabet und ruft mich in ständiger Wiederholung M. A. M. A.! Meine Tochter beherrschte mit dem ersten Laut ausschließlich den Imperativ. Und kleidet nun in angebrachter Lautstärke ihre Ein-Wort-Sätze damit aus. Wenn ich mich also gerade morgens im Bad niederlasse, nachdem alle anderen schon herausgeputzt um mich herum scharwenzeln, dann tönt es aus der Küche: „J-GHRT!!!“ oder „W-FFI!!!“ Damit meint sie nicht, dass sie zur Waffe greifen möchte, weil sie den gottverdammten Joghurt noch nicht bekommen hat. Sondern einfach eine Waffel, die sie auch gerne, anstelle des Milchproduktes zu sich nimmt. Ich frage mich, was man mit anderthalb alles zum Frühstück verdrücken kann. Lasse meine Zahnbürste wieder fallen und schreite Richtung Forderung. In dem Moment kommt ein M. A. M. A. ! aus dem Kinderzimmer. Meist unterstrichen mit so etwas, wie „ich kann mein XXX nicht finden!“ Klar, kann ich auch alles ignorieren. Meistens tritt der Fall auch früher oder später ein. Dann, wenn ich mal endlich fertig werden sollte. Doch dann kommen sie eben ins Bad und „brüllfordern“ irgendetwas face to face an. Dabei ist mein Lieblingsversteck die Dusche. Ich habe das bei meinem Mann abgeguckt. Der kann sich meistens in Ruhe ordentlich zurecht machen. Bei mir klappt das noch nicht ganz. Aber ich arbeite daran. Mein neuester Trick. Papa macht die Kids fertig. Dann sind alle so mega beschäftigt, dass ich meine zwei Minuten Ruhe unter der Dusche haben kann. Das reicht ja auch für den Tag.

Manchmal sind die Voraussetzungen schlecht, um sich in der Dusche zu verstecken
Manchmal herrschen schlechte Voraussetzungen, um sich morgens in der Dusche zu „verstecken“.

Ich frage mich ja auch wirklich manchmal, warum Kinder, wenn sie etwas möchten, zu allererst ihre Mütter belästigen? Ist das schon mal jemandem aufgefallen? Als würde sich Papa in der gemeinsamen Bude nicht auch auskennen. Ok, ich gebe zu, manchmal wird das Bild vermittelt. Aber trotzdem verweise ich meine Kinder öfter mal mit den Worten „Frag Papa“ weiter. Denn, ganz ehrlich, manchmal brummt mir nur vom „zuhören müssen“ der Schädel. Und da kann ich mir keine Gedanken mehr zu ihren Wünschen und Hilfsanfragen machen.

Mal ehrlich, an sieben Tagen in der Woche, werden die einfachsten Gedankengänge, wie zum Beispiel „Ich muss noch meine Zähne putzen.“ unterbrochen. Da kann einen doch nur ab 15 Uhr ein Pfeifton unterhalb der Schädeldecke heimsuchen. Apropos Zähneputzen. Wirklich und ehrlich und es beschämt mich total, aber ich muss zugeben, ich habe es tatsächlich schon einmal geschafft mittags darauf zu kommen, dass ich das Zähneputzen vergessen habe. Weil ganz einfach ein Kleinkind dazwischen gekrätscht ist. Es war mir irre peinlich. Und ich war den restlichen Tag verbal ziemlich verschlossen. Am Abend fand ich dann meine Zahnbürste bereits mit Zahnpasta versehen auf dem Waschbecken liegend. Nun fragt euch mal, was mit anderen Gedankengängen passiert!

Zum Beispiel habe ich es vor kurzem geschafft meinen Sohn in die Schule zu schicken, als keine war. Ich fühlte mich schrecklich, als ich bei der Abholung bemerkte, was mir da passiert war.

Es gibt Tage, und davon etliche, da fühle ich mich ganz schön gaga. Weil nichts in meinem Kopf zu Ende gedacht werden kann. Selbst wenn ich nur eine Sache auf eine Einkaufsliste notieren möchte. Und ich habe das Pech, dass diese Liste in einem anderen Raum liegt, so kann das einfach dazu führen, dass besagte Sache erst in drei Wochen besorgt wird, weil ein Kind genau in dem Moment ganz unbedingt etwas zu trinken brauchte. In den drei Wochen wird dann eben improvisiert. Auch gibt es für mich nichts, was mehr schlaucht als Wege doppelt gehen zu müssen. Nur, dass ich als Mami manche Wege auch vier- oder fünffach gehen muss. Weil ich einfach plötzlich vollkommen orientierungslos an dem Ort ankomme, zu dem ich wollte. Aber nicht mehr weiß, was ich da eigentlich wollte. Wenn ich mir mein Zeugs, an das ich denken soll, aufschreibe, kassiere ich oft einen Lacher einer umstehenden Person. Diese Person ist entweder mein Mann oder ein kinderloser Kollege, Bekannter, etc. Ehrlich gesagt, kann ich verstehen, warum man Demenzkranken nachsagt, dass sie oft so übel gelaunt sind. Dieser Zustand macht einen wahnsinnig. Erst ist man schwangerschaftsdement, dann stilldement und dann hat man gar keine Ruhe mehr für einen klaren Gedanken, weil ständig jemand etwas von dir will.

War zwei Tage ungenutzt eingesteckt. Der Staubsauger. Kam immer etwas und häufig jemand dazwischen.

Wenn mein Mann mich mal wieder besonders lustig findet, dann ist mein Lieblingsspruch: Du hast keine Ahnung! Auch im Imperativ. Sich nämlich in einem ausgewachsenen und eigentlich geistreichen Alter vollkommen Stulle zu fühlen, strengt ganz schön an und laugt aus. Und wenn man den Luxus hat eben nicht dauernd etwas gefragt zu werden und dafür seine eigenen Gedanken unterbrechen zu müssen, dann ist eben auch leicht lachen. Und bei aller Erziehung, die Kiddies sind nun mal von Natur aus so gebaut, dass sie alles was sie JETZT machen und haben wollen für unbeschreiblich WICHTIG und UNAUFSCHIEBBAR halten. Gerade die letzten Wochen saß ich oft im Garten und lauschte den hysterisch, dauerhaft fordernden Lauten aus den Vogelnestern. Und dachte mir: Ihr armen Vögel, ihr habt es auch nicht besser! Bei dem dauernden Gepiepse würde ich ja durchdrehen!

Aber es wird ja noch besser, denn … ich arbeite wieder. Wenn ich einen Gedanken zur Arbeit in meiner Freizeit habe, dann muss ich ganz schön darauf aufpassen. Oder ich erzähle ihn meinem Mann. Natürlich vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen. Damit ihn sich wenigstens einer merkt. So meine Idee. Mein Mann guckt mich dann oft etwas verstört an. Denn es kann schon mal so sein, dass wenn er die Spaghetti Bolognese kredenzt und mich nach dem Salz fragt, als Antwort zurückkommt: „Wir müssen noch an die Trampolinhalterung des Studios an dem Standort XY in Hinterhüpfihausen denken und wenn wir gerade dabei sind, dann kannst du mich auch gleich noch daran erinnern, dass ich für den Kindergeburtstag in 5 Monaten noch eine Piratenpapageienkerze kaufen muss und unsere Jüngste braucht in der Kita neue Windeln, brauchst du auch noch etwas vom Drogeriemarkt, denn ich muss das Waschmittel noch auf die Einkaufsliste schreiben und ich habe da eine neue gute Idee, die ich gerne in meinem Kurs ausprobieren möchte, nur solltest du mich nachher daran erinnern, so dass ich es nicht vergesse!“ „Hääää? Und das Salz?“ „Vor deiner Nase! Kannst du daran denken?!“ “ Was hast du gesagt?“ Pfuuump! Und weg war der Gedanke. Direkt durchs Wormloch in eine andere Galaxie gesaugt. Ich setze daher seit Kind Nummer Zwei auf Notizbücher.

Und ich liebe so etwas wie Homeoffice. Alle rauschmeißen! Kita, Schule, Büro. Und Ruhe. Wie schön. Volle Konzentration. In dieser Situation fällt mir auf. Ich kann es doch noch. Aber eben nur in Ruhe. Mit Ruhe. Bis circa eine bis zwei Stunden bevor ich eins der Kinder abholen muss. Da werden Gedankengänge, die die Arbeit betreffen, wieder mit irgendetwas in der Art von Du-musst-die-Erzieherin-noch-das-und-das-fragen-Sätzen in meinem Kopf torpediert. Wenn ich im Büro bin, hoffe ich, dass ich nicht gar zu angespannt auf meinen Laptop blicke. In der ständigen Hoffnung, dass mich niemand aus meinen Gedanken reisst. Die armen Leute dort. Aber ich glaube, wenn jemand etwas von mir will, sehe ich ein bisschen aus wie eine Hyäne. Aber ich bin noch in der Eingewöhnungsphase und hoffe, dass ich ganz bald wieder lockerer werde. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zu letzt. Und ich merke schon an meinem Großen, es kann nur besser werden. Denn es gibt schon viele Dinge, die er schon selbstständig erledigt und hinbekommt.

Vor ein paar Wochen habe ich mich mit einer Bekannten unterhalten, die gerade nach einer Woche Auslandsarbeit nach hause zu ihren Kindern zurück gekommen war. Und sie meinte, sie könne gar nicht beschreiben, wie sehr sie sich auf ihre Kleinen gefreut habe. Aber! Diese Ruhe! Dieses endlich mal wieder in Ruhe und ohne Zeitdruck arbeiten. Dieses in Ruhe, ohne Zeitdruck und ohne Unterbrechung seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Dieses sich in Ruhe, ohne Zeitdruck und ohne Unterbrechung mit jemanden zu unterhalten und auszutauschen. Bei aller Sehnsucht, sie würde so eine Arbeits!-Woche jederzeit wieder machen. Und ich konnte nur nicken. Auf die Uhr schauen und sagen: “ Huch, schon so spät! Die Kinder müssen noch Abendbrot essen!“ Just in dem Moment zerrte schon ein kleines Händchen an meinem Ärmel und schmetterte mir ein „HAUSE!!!“ entgegen.

Da fiel mir ein, dass ich mich nach der Arbeit zur Kita-Abholung auch gefreut hatte wie King Keks. Hach, muss doch wohl alles so sein. Und für meine Kids scheine ich ja alles perfekt auf die Reihe zu bekommen, auch wenn ich mich voll daneben fühle. Da hilft dann wohl nur cool bleiben. Innehalten. Ansprüche und Forderungen runterschrauben. Und Improvisationstalent beweisen. In diesem Sinne, lasst euch nicht aus der Bahn werfen, nicht aus der Ruhe bringen, ein Hoch auf Notizbücher und ich freue mich auf euch, ob als Leser oder Teilnehmer.


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