Ich habe in der Tat ziemlich lange ‚rumüberlegt, wie und ob überhaupt ich dieses Thema angehe. Die Gefahr ist ja immer die, dass man wie eine „Mimimi-Person“ da steht. Aber genau auch diese Angst hält mich oft zurück Dinge zu tun und zu sagen, die ich gerne tun und sagen würde und vor allem Dinge zu tun und zu sagen, die ich tun und sagen sollte.
Freunde, die mich wirklich kennen und mein bester Freund, mein Mann würden sagen, dass ich eine Art Freigeist bin. Oder anders, dass ich auch ganz schön irre sein kann. Oder so scheine, weil ich manchen wilden Gedankengang nicht in Worte fassen kann. Dafür in Bilder, in Musik, in Schauspiel. Kurz, ich bin in meiner Ausdrucksweise eher expressionistisch als verbal und damit verbunden laut unterwegs. Zudem bin ich auch noch der Türaufhalter. Ich finde das meinen Mitmenschen gegenüber einfach nett.

Das alles auf einen Nenner gebracht. Ich dränge mich ungern in die erste Reihe, bin mäßig laut und gerne zuvorkommend. Und. Ich stehe auf Lob, daher lobe ich auch gern. Mal ein Lob zu bekommen gibt ein gutes Gefühl, zeigt, dass man den-oder diejenige und sein/ihr Tun schätzt und ein Lob motiviert generell. So meine Meinung.
Als Mami sage ich jetzt mal, dass das den Erwachsenenalltag und damit vorrangig die Arbeit betrifft. Als Mutter tickt die Welt eh‘ anders. Liegt daran, dass die kleine Brut noch eine ganze Weile bedürftig ist und den oben beschriebenen guten Umgang erst lernen muss. Die mütterliche Fürsorge ist somit bedingungslos und das wird von der Gesellschaft auch so erwartet. Alles gut, ich würde für meine Kinder fast alles tun. Nur die Gesellschaft kann mich mal.
Vor allem weil die Gesellschaft nicht so galant ist, wie sie es von dir erwartet. Während ich mich nämlich als Mami gerne mal für die Kids bedingungslos aufreibe und das mit der Anerkennung eh‘ schon abgeschrieben habe, habe ich Phasen, in denen ich meine Anerkennung wenigstens im Job gerne mal hätte. Gut, es gibt die Pragmatiker, die jetzt sagen, wird sie nicht ordentlich bezahlt?
Mein Mann würde genau die jetzt auslachen, denn nach meinem Schauspielstudium und noch ohne Kinder war ich so idealistisch drauf, dass ich sagte: „Alles für die Kunst. Das Geld ist egal.“ Und ein bisschen schwelt davon noch immer etwas in mir. Was für andere das Geld, ist für mich der Applaus. Den bekommt man, wenn man durch so manche Umstände das Berufsfeld gewechselt hat, selten. Man könnte ihn aber, platt gesagt, durch ein kleines Lob ersetzen oder eben eine kleine Anerkennung seines Tuns.
Manch einer steht jetzt da und fragt sich: „Habe ich nicht mal gelesen, dass ihr Mann da eine obere Position besetzt? Kann die sich nicht nehmen, was sie will?“ Ja. Und ja. Prinzipiell schon. Nur bin ich nicht der Typ. Und mein Mann und ich haben da auch keinen Bock drauf.

Eine andere Frage: „War schon mal jemand die Frau vom Chef?“ Von der Theorie des „Bück dich hoch!“, die generell kursiert mal abgesehen, bekommt man ganz oft das Gefühl, dass man Aufgaben nur bekommt, weil man eben diese eine Person ist. Sonst hätte man diesen Auftrag ja eh‘ nie bekommen. Weil so toll ist man ja doch nicht.
In der Tat habe ich schon einiges durch, von Aussagen, dass meine Bilder nicht gut bearbeitet, dass meine Teilnehmer von mir in meinen Kursen genervt wären und verzweifelt nach einer anderen Trainerin fragten bis zu der Organisation von großen Messen, bei denen sich dann im Nachgang bei denjenigen opulent bedankt wurde, die von mir den Auftrag bekamen vor Ort zu sein. Vielen Dank für die Blumen. Es sei ihnen gegönnt. Wirklich. Ich fand‘ keine Erwähnung. Viele kannten mich gar nicht. Ging auch erstmal klar. Ich wollte sowieso erstmal im Background agieren.
Außerdem hatte ich während der Eventzeit die Kinder. Und war daheim. Mein Mann musste ja auch vor Ort sein. Geschäftspartner kannten zuerst die ganze Belegschaft bevor sie mich einmal zu Gesicht bekamen, denn bei abendlichen Geschäftsessen hatte ich die Kinder. Sei’s drum.
Ich zähle hier nicht die Auseinandersetzungen mit Kollegen auf, die sich generell gern in belehrender Position einer Frau in der Arbeitswelt nähern. Und nicht den dazu mitgelieferten „Zicken-Ruf“ und „das kann die sich nur leisten, weil sie den ………. .“ Hier bleibt mir ausschließlich mit den Augen zu rollen.
„Leicht gemacht!“ ist oft das Motto. Hatte ich auch erwähnt, dass ich auch der Meinung bin, dass man sich nicht dauernd aufspielen muss. Das ist mein Motto. In dem Zusammenhang ertrage ich auch keine lauten Menschen. Doch ich stelle immer mehr fest, dass es unglaublich viele davon gibt, die wie ein Panzer einrollen und von sich so überzeugt sind und sich derart in den Vordergrund spielen müssen, dass ich ein Magengeschwür bekomme. Irgendwann bin ich mal über einen Artikel über introvertierte Menschen gestolpert und wie sie zur Kenntnis genommen werden. Aber als so ein Mensch ist es echt schwierig. Auf der Bühne kann ich zeigen was ich kann. Ich kann akzeptieren, dass mich manche mögen und manche nicht. Das hat eben mit Geschmack und Kunst zu tun. Aber im normalen Alltag fühle ich mich manchmal wirklich verloren, missverstanden und eben nicht gesehen. Außer halt als die Frau vom … . Das ist dann ganz schön, ja, schmerzlich. Denn die Kindererziehung macht man schon so nonchalant nebenbei, da muss es doch irgendetwas geben, wo man mal eine Beachtung für sein Tun bekommt. Oder eben das Gefühl, dass es gut ist, was man macht.
Man muss wohl tatsächlich laut werden? Aber wie, wenn man nicht der Typ ist? In der Tat stelle ich mir ständig die Frage, wie gehe ich damit um? Das doofe ist, dass man sich ja auch, wenn man solchen Ansagen, Kommentaren und Nicht-Anerkennungen ausgeliefert ist, vollkommen kindisch benimmt und reagiert. Zumindest empfinde ich mich so. Trotzig, traurig, enttäuscht, bockig, schmollig. Klar, denke ich manchmal, dass ich viel mehr so sein sollte, wie meine Tochter. Es wäre bestimmt lustig, wenn ich mich wutschnaubend und lauthals brüllend ohne Vorwarnung auf den Boden schmeißen würde.

Vor kurzem hatten wir eine Anfrage von einer Künstlergruppe, die ich sehr mag. Der Termin war etwas blöd gelegt, da die, der ich das Ressort Events übergeben hatte, an dem Tag nicht da sein konnte. Ich dachte, ich mag die Kunst, ich hatte mal in der Firma die Events gemacht und kenn‘ mich mit der Orga aus und ich bin die, von der die Gruppe im übertragenen Sinne die Trampoline bekommen. Ich bin in dem Fall die Vize. Palim palim. Wurde ich nicht. Ich wurde noch nicht einmal gefragt.
It’s my party and I cry, if I want do …
Das war tatsächlich der Moment, in dem ich, ganz plakativ gesagt, in meinem eigenen Laden kündigen wollte. Mein Mann, der einiges, wenn ich mich mal wieder blöd behandelt fühlte, typisch männlich als echauffieren hinstellte, wollte mich nur noch in den Arm nehmen. Gibt es einen gesteigerten Ausdruck von dem Wort Frustration? Hier habe ich gemerkt, was so ein Lob und eine Anerkennung ausmachen. Hier wurde mir das Vertrauen, dass ich das übernehmen kann, nicht mal im Ansatz gegeben. Plötzlich war auch nichts mehr von Hierarchie zu spüren, auf die sich die meisten immer ausruhen, wenn ich mal was machen soll, was ich ja dann nur tun darf, weil ich so einen guten Draht zum Chef hab. „Das kann die nicht!“ kam bei mir an. Ich wollte kündigen, ich wollte nicht mehr zu dem Termin, ich fühlte mich umsonst und unnötig. Für repräsentative Aufgaben vollkommen fehl am Platz. Am besten noch im Keller verstecken.
Hier kommt mein Glück. Ich bin die Frau vom Chef. Und der findet ganz, ganz viel von dem was ich mache super. Und verbietet mir zu kündigen, weil er sagt, dass er mich und vor allem mein Können in der Firma braucht, auch wenn mir das so selten gezeigt wird. Er strengt sich dafür in Zukunft an, dass ein bisschen anerkennende Botschaft bei mir ankommt. Allerdings solle ich mich mal ausquatschen, meint er.
Hier kommen wir zu meinem Pech. Wie formuliere ich mich? Immerhin geht es hier um Kleinigkeiten, die sich kulminieren. Es geht um persönliche Enttäuschungen und Erwartungen. Vor allem, die Frage, wenn ich es denn ausspreche, ist es dann wieder nur die Laune von der Alten vom Chef? Oder muss ich mich in meine Rolle fügen? Kein freundschaftliches Verhältnis erwarten, nur noch Mitarbeiter und einfach die First Lady sein? Wie formuliere ich mich, wenn ich es eh‘ schon nicht so mit verbaler Kommunikation habe? Ach, so ein Mist. Denke ich mir und … schweige. So werden die Kleinigkeiten immer mehr und die Gefahr, dass ich zur „Chefzicke“ werde, wächst leider. Also doch Zurückhaltung und ab in den Hintergrund? Das kann ich auch nicht mehr. Vom Background gab es jetzt über die Jahre gezählt zu viel.
Da liegt noch einiges an Arbeit vor mir. Sicher ist. Ich muss lauter werden. Bestimmter? Vielleicht. Ich muss mein Können weniger anzweifeln und mich weniger verunsichern lassen. Selbstkritik ist bis zu einem gewissen Grad gut, so kann man sich weiter entwickeln. Aber diese lauten, alles übertönenden Personen sollten mich nicht mehr in die Unsicherheit brüllen. Meine Herangehensweise ist oft eine künstlerische und nach Logik nicht immer nachvollziehbar. Aber das ist ja nicht mein Manko, sondern das derjenigen, die es nicht verstehen.
Meine Introvertiertheit kommt wieder etwas hoch und ich fühle mich ein bisschen, als hätte ich mich bis auf den Schlüppi nackig gemacht. Weil ich mich betroffen gezeigt habe. Ich wollte immer locker und flockig schreiben. Optimistisch. Aber ich bin mir sicher, dass es noch mehr Frauen in ihrem Alltag geht wie mir. Nicht nur Müttern.
Jetzt kommt aber doch noch der Optimismus durch. An euch, ob ihr nun einen „guten Draht zum Chef“ habt oder nicht, was ihr macht, ist es wert gesehen zu werden! Ob nun Mann oder Frau, wenn ihr nicht so laut seid, heißt dass nicht, dass ihr es nicht drauf habt. Wir müssen uns nur nicht so in den Vordergrund spielen, obwohl wir das mehr sollten. Und jetzt noch an die Mamis: Ab mit euch in den Vordergrund! Die Kids nehmen euch als selbstverständlich, das ist vollkommen ok. Aber die anderen können mal ihre Zähne auseinander bekommen und sagen: „Danke!“, „Das ist super was du machst!“ und einem mal was zutrauen, weil wir unser Können durch die Geburt unseres Kindes nicht verloren haben. Auch nicht durch die Heirat eines bestimmten Mannes. Wenn die Kollegen blind dafür bleiben, dann könnt ihr sie in die Sparte: Abschreibungen legen. Denen kann man nicht gefallen und wird es nie. Bevor ich es unterschlage, wenn wir zu hause bei unseren Kids bedingungslos alles geben, kommt eigentlich das schönste Lob. „Ein ganz dolles an die Mami herankuscheln.“
Und jetzt geh‘ ich wieder aufs Trampolin, weil es mir gut tut, weil es mich von meinem Frust befreit und weil mein Mann und ich irgendwann beschlossen haben, dass wir das cool finden und mit anderen teilen möchten.
In diesem Sinne freue ich mich auf euch. Ob als Teilnehmer oder Leser.